Wohnwagen oder Wohnmobil?

Diese Frage konnten wir sehr schnell beantworten.
Ein Gespann aus PKW und Wohnwagen hat den großen Vorteil, dass man jederzeit (nach ca. 30-60 Minuten Aufbauzeit) mobil ist und Ausflüge mit dem eigenen PKW unternehmen kann. Dem steht entgegen, dass man ganz schnell 10-12m Gesamtlänge (5m PKW, 1m Deichsel, mindestens 4m Wohnwagen) hat. Auch ist ein Wohnwagen nicht ganz so autark. Beispielsweise werden die Akkus nicht während der Fahrt aufgeladen.

Ein Wohnmobil ist dagegen mit 7-8m noch relativ wendig und autark. Allerdings sollte man in der Nähe der Sehenswürdigkeiten parken oder einen Stellplatz finden. Zwar kann man Fahrräder mitnehmen, aber die Reichweite ist auch dann auf ca. 5km begrenzt. Es soll ja nicht in Stress ausarten. Zumal Fahrrad fahren mit einem kleinen Säugling weitere Probleme mit sich bringt.
Allerdings muss man sagen, dass in den letzten Jahren sehr viele Stellplätze für Wohnmobile in Städten oder in der Nähe von Sehenswürdigkeiten entstanden sind.

Daher stand für uns sehr schnell fest. Wir brauchen ein Wohnmobil.

Kaufen oder Mieten?

Nach einer kurzen Recherche konnten wir diese Fragen ganz klar mit kaufen beantworten. Zwar gibt es reichlich Verleiher, aber bei 50-100€ pro Tag wären es bei 8 Monate Mietzeitraum irgendwas zwischen 10000€ und 20000€ Miete geworden. Und da ist der Langzeitmietrabatt schon eingerechnet.

Also war die Idee, ein Wohnmobil kaufen und zwei Jahre später mit max. 5000-10000€ Wertverlust wieder verkaufen. Das erschien realistisch, da Wohnmobile im Vergleich zu PKWs recht wertstabil sind. Das ist zwar immer noch recht teuer, aber im Vergleich zur Miete oder Around-the-World Flugtickets geradezu günstig.

Die Qual der Wahl

Als nächstes stellte sich die Frage, was für eine Ausstattung wir wollten. Das es ein Alkoven, also ein Wohnmobil mit Schlafkabine über dem Fahrerhaus werden sollte, stand schnell fest. Der Platzgewinn ohne Längenwachstum ist enorm und die Nachteile wie, größere Höhe und ein cw Wert wie eine Schrankwand schien uns akzeptabel.
Schwieriger war es schon bei der Innenausstattung. Nach kurzer Recherche stand fest, wir wollten unbedingt eine Volldinette (Essplatz mit 4 vollwertigen Plätzen) und eine eigenständige Duschkabine (duschen ohne das komplette Bad unter Wasser zu setzen). Ein Kühlschrank, Heizung und Gasherd waren faktisch Standard und immer mit dabei.
Schwieriger war schon die Bettenfrage. Am Anfang wollten wir neben dem Alkoven Bett auch ein Doppelbett im Heck haben. Zumal sich praktisch immer eine riesige Garage darunter befindet. Allerdings fanden sich auch kritische Stimmen im Netz die darauf hinwiesen, dass sich Geschwister nicht unbedingt verstehen. Erst recht nicht, wenn ihr Alter mehrere Jahre (bei uns 5) auseinander liegen. Das leuchtete uns ein und wir begannen nach einem Schnitt mit Doppelstockbett im Heck zu suchen.

Wie alt darf es sein?

Das war die schwierigste Frage von allen. Zwar verlieren auch Wohnmobile an Wert, aber erstaunlich wenig. Während man 5 Jahre alte Automobile der Oberklasse für durchaus 1/3 des Neupreises bekommt, müssen bei Wohnmobilen schon eher 10-15 Jahre ins Land gehen. Und dann ist die Wahrscheinlichkeit ein Wrack zu bekommen erstaunlich hoch. Gerade das Problem eines versteckten Wasserschadens ist nicht zu unterschätzen.

Wir haben für uns drei Strategien entwickelt.

  1. Kauf eines 10-20 Jahre alten Wohnmobil der ehemaligen Oberklasse.
    Beispielsweise ein Flair oder Clou von Niesmann und Bischoff oder aber Concorde. Möglichst von Privat. Selbst aus erster Hand wird hin und wieder ein Mobil angeboten. Teilweise mit weniger als 100.000km auf dem Tacho. Zwar sind entsprechende Modelle zwischen 15.000€ und 25.000€ angesiedelt, aber im allgemeinen sehr gut ausgestattet und die Verarbeitungsqualität ist hervorragend. Allerdings muss man dabei immer bedenken, die Fahrzeuge sind zwischen 15 und 20 Jahre alt und der Zahn der Zeit nagt auch am besten Stück. Aber genügend Zeit und handwerkliches Geschick vorausgesetzt stellt diese Strategie eine echte Alternative dar. Auch kann man davon ausgehen, dass das Preisniveau nahe dem Tiefpunkt angesiedelt ist und sich der Wertverlust in den nächsten zwei Jahren in Grenzen halten wird.
  2. Kauf eines neuen "Billigmobils". Beispielsweise von Palmowski.
    Es klingt schon verlockend. Ein komplett ausgestattetes Wohnmobil, nagelneu und mit Garantie ab 35.000€. Die Erfahrungsberichte von Eignern klingen auch durchaus ermutigend. Allerdings muss man sich darüber im klaren sein, dass auch italienische Wohnmobilhersteller nicht zaubern können und auch nur mit Wasser kochen. Wir haben uns so ein Wohnmobil angeschaut und ja, es war durchaus nett und zweckmäßig ausgestattet. Allerdings muss man halt Abstriche mache. Manche lassen sich selber recht einfach beseitigen (Silikondämpferkissen unter die Türklappen kleben), andere dagegen nur sehr aufwändig (Scharniere der Türen und Klappen nicht sehr vertrauenserweckend).
    Aber unterm Strich muss man sagen, man kann sich darin wohlfühlen und mit etwas Glück das Mobil zwei Jahre später mit geringem Wertverlust weiterverkaufen.
  3. Kauf eines relativ jungen Mobils der Mittelklasse.
    Die Theorie dahinter, Modelle aus erster Hand wurden gepflegt und die gröbsten Mängel sind bereits beseitigt. Weiterhin sind diese Wohnmobile im allgemeinen sehr gut ausgestattet und bieten über alles notwendige hinaus bereits den einen oder anderen Luxus.
    Vorsichtig ist geboten bei Mietmobilen. Häufig werden die auch von Laien gemietet und es ist sehr einfach ohne entsprechendes Wissen und Erfahrung nachhaltige Schäden am Wohnmobil zu verursachen. Auch leidet der Innenraum massiv unter der Mietnutzung. Wir haben zweijährige Mobile gesehen, die von der Anmutung und Abnutzung durchaus als 10Jährige und älter durchgegangen wären. 

Unser Wohnmobil

Fast zwei Jahre habe ich bei mobile.de nahezu täglich die neuen Anzeigen studiert. Zum einen habe ich dabei ein Gefühl für die Preise und Stolperfallen entwickelt, zum anderen wurde mir klarer, was ich eigentlich für eine Ausstattung wollte.

  • Ein Familienfreundliches Alkoven Wohnmobil
  • Volldinette und einer Halbdinette (als Spieltisch für die Kinder)
  • Doppelstockbett für die Kinder im Heck
  • Bad mit eigener Duschkabine, damit nicht immer das komplette Bad nass ist nach dem Duschen
  • viele und möglichst große Fenster um hinreichend Licht reinzulassen
  • und das wichtigste, wir müssen uns alle sofort wohlfühlen. Immerhin wollen wir damit 3 Monate am Stück unterwegs sein.

Im August 2014 traten wir dann in die heiße Phase ein. Wir wollten Ernst machen und ein Wohnmobil erwerben. Die Gelegenheit schien günstig, da das Saisonende bereits absehbar war und damit mehr Wohnmobile auf den Markt kamen und die Preise geringfügig fallen.

Anfang September haben wir dann ein scheinbar geeignetes gefunden. Ein Rimor Koala 49 von 2012 auf Ford 2.2 tdci Basis für 32.000 €. Angepriessen als neuwertig und mit der richtigen Aussstattung. Zwar war ich nicht gerade von der Ford Basis begeistert, da die Foren voll sind von Berichten mit kapitalen und vor allem teuren Motorschäden. Gleichwohl passte der Rest und das Problem soll bei Ford seit 2011 behoben sein.
Also haben wir einen Termin ausgemacht und uns an einem Freitag auf den Weg in die Nähe von Fulda gemacht. Was wir dann erlebt hatten spottete aber jeder Beschreibung. Zum besseren Verständnis noch ein Zitat aus der Anzeige:

"DAS FAHRZEUG BEFINDET SICH IN EINEM SUPER GEPFLEGTEM ZUSTAND...DEUTSCHES FAHRZEUG-IN NEUEWERTIGE ZUSTAND!!!"

Zuerst das Positve. Der Transit war ein 2,4l mit 140PS, Heckantrieb und Zwillingsreifen. Fuhr sich super und war mit 11l/100km laut Boardcomputer sehr sparsam.

Jetzt zu den Negativen Punkte:

  • Das Alkovenfenster war abgerissen und das entstandene Loch notdürftig mit einer Plane und Klebeband abgedichtet. Davon war keine Rede in der Anzeige.
  • Es wurde eine Rückfahrkamera nachgerüstet. Leider nicht sehr professionell. Es wurde einfach durch jede Wand oder Schrank die sich zwischen dem Heck und der Fahrerkabine befinde ein hinreichend großes Loch gebohrt. Durch dieses wurde dann das Kabel verlegt, gern auch mit der einen oder anderen "Affenschaukel". Ich befürchte, dass sich neben der Esthetik auch keine Gedanken um Dichtigkeit gemacht wurde.
  • In ähnlicher Manier wurde die Markise nachgerüstet. Das die Gegenbleche im Schrank bereits verrostet waren lässt schlimmstes befürchten.
  • Es wurde scheinbar nie eine Dichtigkeitsprüfung durchgeführt.
  • Gasprüfung war 2014 fällig. Aber der Verkäufer meinte 2015 reiche auch vollkommen aus.
  • Sämtliche Polster waren verdreckt und fleckig, wie ich es vielleicht nach 10 Jahren erwartet hätte. Aber nicht nach zwei Jahren. Teilweise waren bereits die Nähte aufgeplatzt und man konnte den Schaumstoff bewundern.
  • Zwei Scharniere waren ausgebrochen und wurden nicht sehr professionell daneben wieder eingepasst. Offensichtlich aber mit zu großem Abstand. Somit funktionierte die Mechanik nicht mehr und die Tür konnte nur noch mit sanfter Gewalt von oben geschlossen werden.
  • In der Anzeige war von einem Halter die Rede. Es waren aber zwei.
  • Allgemein war der Zustand sehr verbraucht. Viele Ecken, Kanten und Oberflächen angeschlagen und/oder zerkratzt.

Da der Verkäufer aber von seinem Fahrzeug und dem Preis überzeugt war, sind wir wieder von dannen gezogen. Im Nachhinein muss man sagen zum Glück. Für 30.000 € hätte ich die Ruine vielleicht sogar erworben. Ist es wirklich unrealistisch ein Wohnmobil für 30-35.000 € zu bekommen, dass Familienfreundlich und noch nicht vollkommen verlebt ist?

Vollkommen demotiviert machten wir uns wieder auf den Weg nach Erfurt und ich setzte mich gleich wieder an den Rechner um weiter Anzeigen bei mobile.de zu prüfen. Und dann geschah das Wunder. In dem Moment stellte ein privater Anbieter einen Elnagh Prince 57, der zum King gekrönt wurde, bei mobile.de ein. Ein Jahr alt, 4500km für 40000€.
Wir telefonierten sofort mit dem Besitzer und waren uns sofort sympatisch. Eine Woche später fuhren wir mit dem Zug nach Göttingen und kamen mit einem Wohnmobil zurück.

Es ist zwar etwas teurer geworden wie geplant. Aber nach all diesen ganzen "topgepflegten, neuwertigen Bruchbuden" hatte ich einfach keinen Bock mehr. Ausserdem war das Wohnmobil sehr gut ausgestattet und hatte sogar ein brauchbares Navigationsgerät, zwei Fernsehgeräte und eine automatische Satellitenantenne.